Thilo Bode, Gründer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, ist so etwas wie der politische Anwalt der Verbraucher und der Umwelt. Nun hat er ein Buch über eines der heiß diskutiertesten Themen derzeit geschrieben: Über das Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP. Schon der Titel verrät was den Leser erwartet:
Die Freihandelslüge – Warum TTIP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet
Wer nun denkt es sei ein reines „Anti“-Buch, den muss ich enttäuschen. Bode belegt auf 228 Seiten die Notwendigkeit dieses Buches und liefert dazu auf 36 Seiten einen Anhang mit Dokumenten, Literaturnachweisen und einer Chronologie warum TTIP in der beabsichtigten Form nicht so gut ist wie dem Bürger suggeriert wird.
Den interessierten Leser erwarten 2 Teile:
Im ersten Teil des Buches erklärt Bode zunächst worum es sich bei TTIP eigentlich handelt und was die Konsequenzen einer Umsetzung dieses Abkommens sind. Ich muss gestehen, obwohl ich politisch interessiert bin und die Tageszeitungen regelmäßig lese, waren mir 70% der Fakten über TTIP unbekannt. Das mag zum einen daran liegen, dass ohnehin nur wenige Informationen den Weg in die Öffentlichkeit finden und zum anderen an der teilweise auch schlichtweg falschen Darstellung dieses Abkommens. Allein daran wurde mir die Notwendigkeit dieses Buches bewusst.
Bode verzichtet dabei auf eine gänzliche Ablehnung von TTIP. Er legt aber dar, warum es in dieser Form massiver Verbesserungen bedarf. Das fängt schon bei der Tatsache an, dass das „Freihandelsabkommen“ hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Der Bürger – also derjenige den es betreffen wird – bekommt von den Verhandlungen so gut wie nichts mit. Das an sich wäre tragbar, wenn wenigstens die vom Bürger gewählten Vertreter Informationen über die Verhandlungen erhalten würden. Thilo Bode beschreibt jedoch ausführlich warum auch dies nicht der Fall ist und warum TTIP in der jetzigen Form die Parlamente entmachten wird. Nicht nur die von uns gewählten Politiker werden das Nachsehen haben, wenn es um Entscheidungen im Rahmen der von TTIP geregelten Bereiche geht. Auch die Justiz wird so gut wie „rausgehalten“, weil sie einfach für nicht zuständig erklärt würde. Dazu kommt die Geheimhaltung der von den Schiedsgerichten gefällten Urteile in Investitionsstreitigkeiten. Bedingt durch die weitreichenden Regelungen innerhalb TTIP´s beschneiden die Verhandler des Abkommens wichtige Bereiche unserer Demokratie – hier wie auch in den USA.
Im zweiten Teil geht Bode dazu über die Konsequenzen des TTIP aufzuzeigen. Die sind weitreichender als die Politik und die Berichterstattung uns glauben machen möchte. Es beginnt bei Zahlen von angeblichen „Mehrgewinnen“ für Verbraucher die so nicht haltbar sind und geht über Umwelt- und Verbraucherrichtlinien die schlichtweg ausgesetzt werden mit TTIP. Es endet in der Arbeitswelt, nicht ohne Erstaunen. Gewerkschaften werden ausgehöhlt, Mitarbeiterführung grenzt eher an Viehhaltung und das Prinzip einfach ohne Angabe von Gründen kündigen zu können, sind nur wenige der „Errungenschaften“ von TTIP. Abseits dessen zeigt Bode auch den jetzigen Zustand der Landwirtschaft auf und vergleicht ihn mit einem Stand mit TTIP.
Insgesamt eine tiefgehende Recherche über ein Freihandelsabkommen was mehr Schrecken als Ende bringt.
Im Namen der Rezensorin ergeht folgendes Urteil:
Eigentlich dachte ich, ich wäre was TTIP betrifft gut informiert. Darauf basierend habe ich mir eine Meinung über das Abkommen gebildet. Nach dem Lesen dieses Buches musste ich mit Erstaunen feststellen: Information und Information sind offensichtlich zwei verschiedene Paar Schuhe. 70 % dessen was Bode über TTIP schreibt (und belegt!) waren mir nicht bekannt. Der Grund dafür ist das heimliche Verhandeln des Abkommens und das Kennzeichnen der Protokolle als wären diese „Verschlusssache“. Zwischenzeitlich habe ich den Gedanken gehabt, dass TTIP den Weltfrieden gefährden könnte, dass das FBI und der BND irgendeinen Plan entwickeln zur Rettung vor Aliens oder ähnlich geheimes Zeug. Ist es aber nicht. Es ist ein Freihandelsabkommen was tief in Verbraucherrechte, Umweltschutz und die Demokratie eingreifen wird – gewollt! Ich empfehle die Lektüre dieses Buches nicht nur für Studenten mit dem Schwerpunkt IPR, sondern auch für alle die wirklich wissen wollen was TTIP eigentlich ist und was es mit uns machen wird.
Eine Leseprobe gibt es hier: Leseprobe – Thilo Bode – Die Freihandelslüge
Thilo Bode
Die Freihandelslüge: Warum TTIP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet
DVA Sachbuch
ISBN: 978-3-421-04679-6
14,99 € (Hardcover)