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Die Verfahren vor dem BVerfG – Teil 3: Die Konkrete Normenkontrolle

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In Teil 1 ging es um die Zulässigkeit der Verfahren vor dem BVerfG. In Teil 2 ging es um das Schema der Abstrakten Normenkontrolle. Aufbauend auf diesem Grobschema wird hier die Zulässigkeit geprüft.

Die konkrete Normenkontrolle besteht aus diesen drei Normen-Blöcken: Art. 100 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG, §§ 80 ff. BVerfGG. Sie ist ein einseitiges Verfahren. Im Unterschied zur abstrakten Normenkontrolle, geht es hier um eine Rechtsnorm die ein Gericht in einem Rechtsstreit anzuwenden hat.

A. Zulässigkeit

I. Vorlageberechtigung, Art. 100 GG

Vorlageberechtigt ist jedes Gericht, vgl. Art. 100 GG.

Wichtig: Handelt es sich um ein Kollgialgericht (Entscheidungen werden nicht von einem Einzelrichter, sondern von mehreren Richtern gefällt), so ist ein Einzelrichter nicht zur Vorlage befugt – auch dann nicht, wenn das Kollegialgericht ihm die Entscheidung übertragen hat. Um das BVerfG zu entlasten ist vor der Vorlage an dieses eine Entscheidung des Kollegialgerichts herbeizuführen. 

II. Tauglicher Vorlagegegenstand 

Nach Sinn und Zweck des Art. 100 GG ist jedes Gesetz vorlagefähig. Allerdings gibt es drei Beschränkungen:

  • Nur förmliche Bundes- und Landesgesetze
  • Nur förmliche nachkonstitutionelle Gesetze (Beispiel: Die StVO ist zwar im materiellen Sinn ein Gesetz, nicht aber im förmlichen Sinne und damit nicht vorlagefähig.) Ausnahme von dieser Beschränkung sind solche Gesetze die zwar vorkonstitutionell erlassen wurden, jedoch vom Gesetzgeber in seinen Willen aufgenommen wurden. Beispiele: Das BGB ist weit vor dem GG erlassen worden, der Gesetzgeber hat es jedoch in seinen Willen aufgenommen und bekanntgemacht, damit sind seine § vorlagefähig. Gleiches gilt für die ZPO, das StGB u.s.w..
  • Nur Gesetze die später erlassen worden sind als die höherrangige Vorschrift anhand derer es überprüft wird.

III. Vorlagevoraussetzungen, Art. 100 GG

a) Das vorlegende Gericht muss von der Verfassungswidrigkeit überzeugt sein. (Eigentlich logisch, denn sonst würde es ja nicht vorlegen wollen 🙂 ) Zweifel allein reichen nicht aus! Damit schützt das BVerfG sich vor Inanspruchnahme durch die Fachgerichte die schwierige Rechtsfragen durch das BVerfG klären lassen wollen. Ist das Fachgericht zwar von der Verfassungswidrigkeit überzeugt, gleichzeitig aber der Meinung es kann durch eine verfassungskonforme Auslegung den Rechtsstreit lösen, schliesst das die Überzeugung der Verfassungswidrigkeit aus!

b) Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm muss entscheidungserheblich sein. Entscheidungserheblich ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Norm dann, wenn nach einer Kurzsubsumtion feststeht, dass über den Rechtsstreit nicht bereits aus anderen Gründen entschieden werden kann und der betreffende Rechtsstreit bei Gültigkeit der Norm anders zu entscheiden wäre als bei Ungültigkeit. Mit Rechtsstreit ist der Rechtsstreit vor dem vorlegenden Gericht gemeint, denn dieses legt die betreffende Norm ja nicht aus blauem Dunst heraus vor.

IV. Ordnungsgemäßer Antrag 

Der Antrag ist schriftlich zu stellen gem. § 23 Abs. 1 BVerfGG und die verletzte Norm ist zu bezeichnen gem. § 80 Abs. 2 BVerfGG.

B. Sachentscheidung 

I. Prüfungsmaßstab

Für Bundesgesetze das GG und allgemeine Regeln des Völkerrechts und für Landesgesetze das GG und zudem das gesamte Bundesrecht.

II. Formelle Verfassungsmäßigkeit des beanstandenden Rechts

III. Materielle Verfassungsmäßigkeit des beanstandenden Rechts

C. Tenor, § 78 S. 1 BVerfGG

Wenn die Norm gegen den Prüfungsmaßstab verstösst, erklärt sie das BVerfG grundsätzlich für nichtig,§ 82 Abs. 1 iVm § 78 S. 1 BVerfGG oder es stellt die Unvereinbarkeit mit dem GG fest.

Liegt kein Verstoß vor, erklärt das BVerfG ausdrücklich, dass die Norm nicht gegen den Prüfungsmaßstab verstösst.

Und das Ganze noch in der Kurz-Version:

A. Zulässigkeit

I. Vorlageberechtigung, Art. 100 GG

II. Tauglicher Vorlagegegenstand 

III. Vorlagevoraussetzungen, Art. 100 GG

IV. Ordnungsgemäßer Antrag 

B. Sachentscheidung 

I. Prüfungsmaßstab

II. Formelle Verfassungsmäßigkeit des beanstandenden Rechts

III. Materielle Verfassungsmäßigkeit des beanstandenden Rechts

C. Tenor, § 78 S. 1 BVerfGG

Vertiefungshinweise: 

Lehrbücher/ Fallbücher / Skripte

Ipsen, Staatsrecht I, § 18, IV. Konkrete Normenkontrolle

Gröpl/Windthorst/von Coelln, Studienkommentar GG, Art. 100 GG

Peucker, Staatsorganisationsrecht, Rn. 62 ff.

Aufsatz: Michael, Normenkontrollen Teil 1 – Funktion und Systematik, ZJS 2012, 756.


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