Die Schenkung ist in den §§ 516-534 BGB geregelt.
Gegenstand der Schenkung ist eine Zuwendung des Schenkers an den Beschenkten. Dabei kann es sich um eine Sache oder ein Recht handeln.
Voraussetzungen:
1. Eintritt der Vermögensminderung beim Schenker
2. Vermögensmehrung beim Beschenkten
3. Einigkeit über die Unentgeltlichkeit
Formerfordernis:
Schenkungsversprechen in Form eines Vertrages mit notarieller Beurkundung (§ 518 I BGB), dieses dient als sog. „Übereilungsschutz“.
Durch Vollziehen der Schenkung, also der Bewirkung der versprochenen Zuwendung werden formnichtige Schenkungen „geheilt“ (§ 518 II BGB).
Arten der Schenkung:
Handschenkung
Bei einer Handschenkung wird die Schenkung sofort vollzogen. Sie ist formfrei möglich. Denn: Nehmen wir einmal an der Lehrer will seinen Schülern Bonbons schenken. Es wäre mehr als umständlich, wenn er zunächst einmal mit jedem der Schüler ein Schenkungsversprechen in Form eines Vertrages schließen müsste. Daher ist die Handschenkung formfrei möglich bzw. der Formmangel wird durch § 518 II BGB geheilt. Natürlich gilt dieses nicht bei Schenkungen die aufgrund des Gegenstands der Schenkung ein gesondertes Formerfordernis haben (Grundstücksschenkungen z.B.).
Gemischte Schenkung
Die Gemischte Schenkung ist eine Vereinbarung bei der die Zuwendung teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich geschieht.
Achtung Meinungsstreit:
h.M.: Zweckwürdigungstheorie. Danach zählt der Wille der Parteien und der Zweck der Schenkung. So wird das Schenkungsrecht nur dann angewendet, wenn der unentgeltliche Teil nach dem Parteiwillen eine größere Rolle spielt als der entgeltliche Teil.
m.M.: Trennungstheorie. Danach muss das Rechtsgeschäft in seine Teile zerlegt werden um dann auf den jeweiligen Teil das entsprechende Recht anzuwenden.
m.M.: Einheitstheorie. Danach liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft in Form einer Schenkung vor.
Zweckschenkung
Die Leistung (bzw. der verfolgte Zweck) steht nicht gleichrangig gegenüber der Schenkung, sie schränkt den Wert lediglich ein. Tritt der verfolgte Zweck nicht ein kann der Schenker Rückforderungsansprüche stellen.
Sonderfall Die Schenkung von Todes wegen:
Die Bedingung bei der Schenkung von Todes wegen ist, dass der Beschenkte den Schenker überlebt (§ 2301 BGB).
Auch gilt hier eine besondere Formerfordernis: Die Formvorschriften für den Erbvertrag (§ 2276 BGB).
Vollzieht der Schenker allerdings die Schenkung schon zu Lebzeiten, gelten die Vorschriften zur Schenkung.
Bedeutung erlangt dieser Sonderfall der Schenkung bei der Abgrenzung zur Schenkung unter Lebenden zur Schenkung von Todes wegen und die Erfordernis des lebzeitigen Vollzugs. Hier begegnet euch ein Klassiker der Rechtssprechung: Der BonifatiusFall ( RGZ 83, 223).
Der Sachverhalt des Bonifatiusfalles in Kürze:
Der katholische Pfarrer K. stirbt am 21.08.1910. Am 20.08.1910 hatte dieser bei einem Notar ein Testament errichtet, in dem er seine Schwester als Alleinerbin einsetzte. Der Pfarrer war Eigentümer von Wertpapieren im Wert von 71020 M.
Bereits am 08.08.1910 hatte der Pfarrer K. seinem früheren Vikar Pfarrkurant D. Besuch bekommen. Bei diesem Besuch hatte der Pfarrer K. dem Pfarrkuranten D. gesagt, er schenke dem Weihbischof Dr. K. seine Wertpapiere, es handle sich dabei um eine Schenkung unter Lebenden. Er werde die Papiere heraussuchen sobald es ihm möglich wäre. Er erklärte ebenfalls für seine Schwester sei gesorgt, er habe Hypotheken und das was im Hause sei gehöre ihr.Am 11.08.1910 besuchte der Pfarrkurant D. den Pfarrer K. abermals, während dieses Besuches übergab der Pfarrer K. dem Pfarrkuranten D. die Papiere und sagte, sie sollen dem B. Verein gehören, er habe mit Ihnen nichts mehr zu tun. Ebenfalls schloss er eine Rückgabe der Papiere im Falle seiner Genesung aus.
Der Pfarrkurant D. nahm die Papiere an sich und übergab sie am 25.08.1910 dem Weihbischof Dr. K. mit der Auskunft sie wären gemäß dem Wunsch des Pfarrers K. für den B. Verein.
Die Problematik hierbei ist die nicht vollzogene Schenkung zu Lebzeiten des Pfarrers K., denn die Übergabe der Papiere durch den Boten in Form des Pfarrkuraten D. fand erst nach dem Tod des Pfarrers K. statt. Die erste Frage ist hier also: Hat der Verein rechtmäßig Eigentum an den Papieren erlangt? Dazu aus dem Urteil:
„Aus diesen Hergängen entnimmt die Vorinstanz, daß der verklagte Verein das Eigentum an den Wertpapieren, und zwar berechtigterweise, durch Schenkung erworben habe.[..]Eine Schenkung habe die Natur eines Vertrags, die durch die Willenserklärungen des Vertragsantrags und der Annahme des Antrags geschlossen werde.[..]K. aber habe den Schenkungsantrag und auch des Angebot, durch Übergabe das Eigentum zu übertragen, durch Vermittelung des von ihm beauftragten Boten, des Pfarrkuranten D., dem in Fr. wohnenden Weihbischof, dem Vertrete des Beklagten, erklärt. Der dem D. erteilte Auftrag sei durch das Ableben K’s nicht erloschen, und die von D. zu überbringende Willenserklärung habe durch das Ableben K’s ihre Wirksamkeit nicht verloren, weil es sich um einen Vertrag unter Abwesenden handelte und K. alles getan hätte, was seinerseits erforderlich gewesen sei, um die Übermittelung der Willenserklärung an den Weihbischof zu bewirken. Die den Schenkungs- und Eigentumsübertragsantrag enthaltende Willenserklärung K’s sei nach § 130 Abs. 1 BGB. in dem Augenblicke wirksam geworden, als D. seinen Auftrag dem Weihbischof ausrichtet. Letzterer habe den Antrag mündlich und durch Empfangnahme der Wertpapiere angenommen. Damit sei der Schenkungsvertrag abgeschlossen worden und auch das Eigentum an den Papieren auf den Beklagten übergegangen (§ 929 BGB.).“
Aber das Reichsgericht entschied dass das Verpflichtungsgeschäft an sich unwirksam ist, da es der Formerfordernis des § 2301 BGB nicht entsprach.
Dazu aus dem Urteil:
„Der Gesetzgeber hat Schenkungsversprechen auf den Todesfall, die nicht schon bei Lebzeiten des Schenkers nach Übereignung der betreffenden Werte vollzogen werden, und die sich sonach als Anordnung einer Vergabung aus dem Nachlasse des Schenkers darstellen, den für Verfügungen von Todes wegen geltenden Formen eines Testamentes oder Erbvertrages unterworfen. Die Regelung ist innerlich begründet, weil durch solche Anordnungen die Zwecke von Vermächtnissen erreichbar sind. Diese Erwägung trifft auch auf die von K. eingeleitete, aber zur Zeit seines Todes noch nicht zum Vollzug gebrachten Schenkung zu. Nach dem von vornherein als möglich voraussehbaren Verlaufe, den hier die Schenkungsangelegenheit tatsächlich genommen hat, würde ihre Einreihung in die Schenkungen unter Lebenden mit dem aus den Vorschriften des § 2301 BGB. erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch stehen. Eine Umgehung dieser Vorschriften kann nicht für statthaft erachtet werden. Auf eine Umgehung des Gesetzes würde es aber hinauslaufen, wenn ein dem Tode naher Erblasser eine Schenkung von Wertpapieren, die tatsächlich bis zu seinem Tode nicht zum Vollzug gelangt, durch formlose Erklärung an einen boten, unter Ausantwortung der Werte, mit einer über seinen Tod hinausreichenden Rechtswirkung anordnen und in die Wege leiten könnte. Mit dem Tode K’s sind seine Wertpapiere Bestandteiles eines Nachlasses geworden. Nunmehr konnte die in seinem Testament unerwähnt gebliebenen Schenkung nur durch Anordnung seiner Testamentserbin, der Klägerin, die allein zur Verfügung über den Nachlaß befugt war, zum Vollzug kommen. Klägerin hat aber den Schenkungsvollzug weder angeordnet noch gewollt. Danach muß die Frage, ob das Eigentum an den Wertpapieren auf den beklagten Verein übergegangen ist, verneint werden.“
Da der Bonifatiusfall nicht nur im Schuldrecht BT, sondern auch im BGB AT und im Sachenrecht eine Rolle spielt, gehe ich hier nur auf die Passagen ein, die die Schenkung betreffen.
Pflichten des Schenkers:
Der Schenker muss den versprochenen Gegenstand dem Beschenkten verschaffen. Je nach Art des Gegenstandes gelten die jeweiligen Vorschriften, z.B. die Übereignung, Abtretung. Der Schenker unterliegt also der Leistungspflicht. Verweigern kann er diese nur, wenn durch die Schenkung sein eigener Unterhalt oder der seiner Unterhaltungsberechtigten gefährdet wäre (§ 519 BGB).
Haftung:
Der Schenker ist haftungsprivilegiert. Denn er haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 521 BGB). Ebenfalls muss er keine Verzugszinsen zahlen (§ 522 BGB).
Nach der Rechtssprechung gilt dieses Haftungsprivileg auch für Ansprüche aus Pflichtverletzung und Delikt (Stichwort: Kartoffelpülpe-Fall!).
Der Schenker haftet nicht für Sach- und Rechtsmängel der geschenkten Sache. Ausnahmen bilden hierbei:
– Arglistiges Verschweigen eines Mangels (§ 523 I BGB bei Rechtsmängeln, § 524 I BGB bei Sachmängeln). Allerdings haftet der Schenker nur auf den Vertrauensschaden.
– Muss der Schenker den versprochenen Gegenstand erst noch erwerben gilt eine eingechränkte Haftung für Sach – und Rechtsmängel. (Beachte: § 523 II BGB, § 524 II BGB) In solchen Fällen muss der Schenker nur auf das negative Interesse haften und nur wenn ihm grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zur Last gelegt werden können.
Rückforderung von Geschenkten Gegenständen:
Zunächst einmal kann eine Schenkung nicht einfach so rückgängig gemacht werden. Zum einen ist der Vorgang der Schenkung durch Übereilungsschutz abgesichert und zum anderen wäre es für die Partei die auf die Schenkung vertraut (zumeist der Beschenkte) keine angenehme Sache. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen:
Verarmung des Schenkers
Ist der Schenker nach Vollziehung der Schenkung außer Stande seinen eigenen Unterhalt oder den seiner Unterhaltsberechtigten sicherzustellen, kann die Einrede des Notbedarfs geltend gemacht werden (§ 528 BGB). Die Rückabwicklung wird dann über das Bereichungsrecht geregelt, auch wenn ein Dritter den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erhalten hat.
Relevant werden solche Rückforderungsansprüche insbesondere dann, wenn der Schenker auf Sozialleistungen angewiesen ist und sein Rückforderungsanspruch durch § 90 BSHG auf den Sozialträger übergegangen ist. In der Praxis bedeutet das nichts anderes als die Abtretung des Rückforderungsanspruches des Schenkers auf den jeweiligen Sozialträger. Dieser Anspruch behält seine Gültigkeit auch nach dem Tode des Schenkers.
Lesenswert zu dieser Thematik:
– BGH, Urteil vom 20. 5. 2003 – X ZR 246/ 02
„Wird einem im Sinne von § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB bedürftigen Schenker Sozialhilfe gewährt und der Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten nach § 90 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet, ist für die Einstandspflicht des verschenkten Vermögens die Einkommens- und Vermögenslage des Schenkers im Zeitpunkt der zur Bewilligung der Hilfe führenden Beantragung von Sozialhilfe maßgeblich, nicht dagegen die Einkommens- und Vermögenslage des Schenkers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über den übergeleiteten Anspruch.“
– BGH, Urteil vom 25. 4. 2001 – X ZR 229/ 99
„Der Anspruch des Schenkers nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Herausgabe des Geschenks erlischt nicht mit dessen Tod, sofern er bereits vom Schenker geltend gemacht oder abgetreten worden ist. Das gleiche gilt, wenn der Schenker durch die Inanspruchnahme unterhaltssichernder Leistungen Dritter zu erkennen gegeben hat, daß er ohne die Rückforderung des Geschenks nicht in der Lage war, seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten.“
– BGH, Urteil vom 17. 12. 2009 – Xa ZR 6/ 09
„Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines Rechts an einem Grundstück geltend, kann der Beschenkte seiner auf Zahlung entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet.“
– BGH, Urteil vom 10. 2. 2004 – X ZR 117/ 02
„Ist die Verpflichtung des Beschenkten zur Herausgabe des Geschenks ausgeschlossen, weil er damit eine Sache erworben und diese seinerseits unentgeltlich einem Dritten zugewendet hat, so haftet der Dritte nicht auf Herausgabe der ihm zugewendeten Sache, sondern auf Wertersatz, kann sich jedoch durch Herausgabe der Sache befreien.“
Ausgeschlossen ist die Rückforderung wenn seit der Schenkung mehr als zehn Jahre vergangen sind oder die Bedürftigkeit des Schenkers durch dessen grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich erfolgt ist (§ 529 BGB).
Grober Undank
Erweist sich der Beschenkte gegenüber dem Schenker als grob undankbar, kann die Schenkung widerrufen werden (§ 530 I BGB).
Nicht jedes Verhalten des Beschenkten gegenüber dem Schenker kann hierbei als grober Undank gewertet werden. Vielmehr muss sich der Beschenkte eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige zu schulden kommen lassen.
Nach h.M. muss objektiv eine gewisse Schwere der Verfehlung und subjektiv eine „tadelswerte Gesinnung“ vorliegen. ( Jauernig/Chr. Berger, § 530 Rn. 2,3)
Grober Undank ist eine an mangelder Dankbarkeit zeugende Gesinnung gegenüber dem Schenker. Ob dieses der Fall ist muss im Einzelfall nach Verkehrssitte beurteilt werden. Beispiele aus der Rechtssprechung:
Zur Frage der Rückforderung eines „geschenkten“ Grundstücks innerhalb einer gemischten Schenkung unter Berufung auf „Groben Undank“.
Zur Rückforderung einer geschenkten Sache bei tätlichen Angriffen gegen den Schenker.
Schenkung von Geschäftsanteilen, Leitsatz des Urteils:
„Das Fehlen eines gesetzlichen Wettbewerbsverbots schließt nicht aus, daß die Gründung eines Konkurrenzunternehmens durch einen Kommanditisten als grober Undank gegenüber dem Schenker des Gesellschaftsanteils zu werten ist.“
Auch im Bereich des Familienrechts,speziell der Ehe, kommt es hin und wieder zur Rückforderung einer geschenkten Sache von Schwiegereltern gegenüber dem jeweiligen Schwiegerkind. Als Beispiel: BGH, Urteil vom 19. 1. 1999 – X ZR 60/ 97 . Speziell die Frage ob das Verhalten der Ehepartner untereinander auch als grober Undank gegenüber den Schwiegereltern ausgelegt werden kann, wird hier bearbeitet. Dazu der Leitsatz des Urteils:
„Auch eheliche oder ehebedingte Verfehlungen können groben Undank des von den Eltern des anderen Ehegatten beschenkten Ehegatten zum Ausdruck bringen. Zur Annahme, der Beschenkte habe es in grober Weise an der Rücksichtnahme fehlen lassen, die der Schenker habe erwarten können, bedarf es jedoch besonderer Umstände, die gerade hierauf hindeuten.“
Die Rückabwicklung kann über die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereichung abgewickelt werden (§ 531 II BGB).
Nach § 532 S. 2 BGB ist der Widerruf ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn nach Kenntnis der Umstände ein Jahr vergangen ist.
Auch ist ein Verzicht des Schenkers auf dieses Recht möglich, allerdings kann es nicht von vornherein ausgeschlossen werden (§ 533 BGB).
Besonders beliebt bei Prüfungen ist die Schenkung an einen Minderjährigen.
Das Minderjährigenrecht ist aus dem BGB AT bereits bekannt, die Grundlagen sollten also vorhanden sein.
Es stellt sich die Frage des lediglich rechtlich Vorteils für den Minderjährigen. Zudem kommt hier das Trennungs – und Abstraktionsprinzip gut sichtbar zum Tragen.
Denn: Der schuldrechtliche Vertrag über eine Schenkung ist grundsätzlich zustimmungsfrei, es sei denn die Schenkung ist mit einer Auflage verbunden. Ob das Erfüllungsgeschäft dann für den Minderjährigen mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist, ist für den schuldrechtlichen Vertrag unerheblich. Beide Geschäfte sind gesondert zu betrachten.
Ein kurzer Abstecher zu den Wurzeln:
Innerhalb der Geschäftsfähigkeit im Zivilrecht taucht immer wieder § 107 BGB auf und damit auch der lediglich rechtliche Vorteil. Bei diesem Ausdruck geht es nicht um Nachteile für den Minderjährigen im Ganzen, sondern nur um solche die rechtlich für ihn nachteilig sein könnten. Demnach scheiden schonmal alle Rechtsgeschäfte aus, die für den Minderjährigen einen „Rechtsverlust“ beinhalten (z.B. die Pflicht zur Übereignung, Mietverträge ect.). Die Annahme einer Schenkung an sich ist als lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen. Bei Rechtsgeschäften die einen rechtlichen (nicht einen wirtschaftlichen!) Nachteil bedeuten könnten,kommt § 107 BGB zum Tragen.
Natürlich kommt bei so mancher Schenkung der Gedanke an mögliche „Nachwirkungen“ auf. So kann die Schenkung eines Hauses für den Minderjährigen die Pflicht zu Abgaben und Instandhaltung bedeuten, also eigentlich ein Nachteil für ihn. Nach h.M. werden aber solche mittelbaren Folgen einer Schenkung nicht weiter betrachtet, sondern nur die unmittelbaren Folgen einer Schenkung. Würde man der h.M. nicht folgen, wäre im Grunde genommen kein Geschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft.
Doch auch hier gibt es Ausnahmen.
Zum einen etwas simples aus der Praxis:
Nehmen wir einmal an, jemand möchte dem kleinen achtjährigen Jungen K. einen Hund schenken. Muss der gesetzlicher Vertreter dem zustimmen?
Oberflächlich betrachtet ist es für den Jungen K. ein lediglich rechtlicher Vorteil, er hat den Anspruch gegen den Schenker auf Übereignung des Hundes und nach h.M. sind mittelbaren Folgen dieser Übereignung wie z.B. Hundesteuer, Futter und Tierarzt auszublenden. Toll, oder?
Doch so einfach ist die Sache nicht. Zunächst einmal betrachten wir den Hund näher:
Der Hund ist gem. § 90a BGB keine Sache,er unterliegt dem Tierschutzgesetz und ist ein Wirbeltier.Denn in § 11c TierSchG steht:
„Ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten dürfen Wirbeltiere an Kinder oder Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr nicht abgegeben werden.“
Tja, somit ist die Schenkung des süßen kleinen Hundes ohne die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter schonmal nicht möglich. Auch unter Berücksichtigung des Tierschutzgesetzes ist natürlich möglich, dass die Eltern dem Kind ein Tier anvertrauen. Es kommt immer auf den Einzelfall an und auf die Entwicklung des Kindes. Somit kann der kleine Junge K. natürlich einen Hund bekommen, aber eben nicht ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
Der andere Fall ist in der Praxis auch häufig vertreten. Es handelt sich um die Schenkung von Wohnungseigentum des gesetzlichen Vertreters an den Minderjährigen.
Hier kommen gleich mehrere Aspekte zum Tragen:
– Das Trennungs – und Abstraktionsprinzip. Dazu aus einem Urteil (BGHZ 78, 28):
„Im Fall einer Schenkung von Wohnungseigentum von Seiten des gesetzlichen Vertreters an einen über sieben Jahre alten Minderjährigen ist die Frage, ob die Schenkung dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, aus einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrages heraus zu beurteilen. „
– Das In-sich-Geschäft des gesetzlichen Vertreters. Dazu aus einem Urteil (BGHZ 78, 28):
„Sofern mit der Übertragung des dinglichen Rechts rechtliche Nachteile verbunden sind, ist deshalb auch dann, wenn der schuldrechtliche Vertrag dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, der gesetzliche Vertreter nicht etwa im Hinblick auf § 181 letzter HS BGB befugt, den Minderjährigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die von dem Minderjährigen selbst erklärte Auflassung zu genehmigen. „
Die Thematik der Trennung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrages wurde weiter oben schon angesprochen. Der BGH allerdings verfolgt hier eine andere Richtung. In diesem Falle wendet er die sog. „Gesamtbetrachtungslehre“ an. Er bergündet dieses so:
„Entscheidend ist [..],dass es mit dem Schutzzweck des § 107 BGB nicht vereinbar wäre, im Fall einer Schenkung von Wohnungseigentum von Seiten des gesetzlichen Vertreters an einen über sieben Jahre alten Minderjährigen die Beurteilung, ob die Schenkung dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, getrennt einerseits für den schuldrechtlichen Vertrag und andererseits für das dingliche Erfüllungsgeschäft vorzunehmen mit der Folge, dass bei lukrativem Charakter des Grundgeschäfts unbeschadet rechtlicher Nachteile, die mit der Übertragung des dinglichen Rechts verbunden sind, der gesetzliche Vertreter im Hinblick auf § 181 letzter HS BGB befugt ist, den Minderjährigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die von dem Minderjährigen selbst erklärte Annahme zu genehmigen.“ (BGHZ 78, 28)
Der BGH betrachtet also in diesem Falle entgegen dem Trennungs – und Abstraktionsprinzip die Schenkung und die Vollziehung der Schenkung als Gesamtgeschäft. Er sieht hier den Schutz des Minderjährigen nicht gegeben, der doch eigentlich durch § 107 BGB gewährleistet sein sollte. Denn in der hier vorliegenden Konstellation sind der Schenker und der gesetzliche Vertreter dieselbe Person. Der BGH sagt nun, der Minderjährige müsse somit von einer unabhängigen Person, einem Ergänzungspfleger gem. § 1909 I BGB, vertreten werden.
Diese Vorgehensweise stösst in der Literatur auf Kritk. Jauernig etwa verfolgt eine teleologische Reduktion des § 181 letzter Hs. BGB. Das Ergebnis wäre im Prinzip dasselbe: Folge der teleologischen Reduktion wäre, dass der gesetzliche Vertreter nicht mit sich selbst kontrahieren kann und daher ebenfalls ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsste.
Lesenswert dazu: Jauernig JuS 1982, 576 – Noch einmal: Die geschenkte Eigentumswohnung.
Die Schenkung als solches ist einfach zu verstehen und zu lernen, die kleinen Stolperfallen allerdings machen sie immer wiederholenswert =).
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