Sinn und Zweck der Strafe sind seit jeher eine umstrittene Frage.
Um sich mit dem Element der Strafe auseinandersetzen zu können, muss zunächst der Begriff der „Strafe“ an sich klar dargestellt sein.
Der Begriff der Strafe wird von drei wesentlichen Punkten bestimmt:
Dem Täter, der eine Tat begangen hat
Der Rechtswidrigen Tat, die begangen worden ist
Der Gesellschaft, die reagiert
Die Strafe stellt also das sozialethische Werturteil des Rechtsgefüges dar, über den Täter der entgegen der Rechtsordnung gehandelt hat. Simpel ausgedrückt widerfährt dem Täter also ein „Übel“ weil er selbst ebenfalls eines begangen hat. Zunächst also sanktioniert die Gesellschaft den Täter, „straft“ ihn also mit Missbilligung und Zufügen eines Übels wegen seines Verhaltens. Im nächsten Schritt stellt die Strafe auch einen Eingriff in das persönliche Umfeld des Täters dar. Ihre Wirkung „sühnt“ das verbrochene Übel z.B. mit Freiheitsentzug für den Täter zum einen und als Signal für die Gesellschaft zum anderen. Das Gerechtigkeitsempfinden der Gesellschaft wird also ebenfalls befriedigt.
Strafe stellt also immer nur eine Reaktion auf eine bereits begangene Tat dar, kann aber durch ihre Wirkung ebenfalls präventiv wirken.
In der Weiterentwicklung des Sinnes und Zweckes der Strafe haben sich einige Straftheorien entwickelt. Zum einen soll die Vergeltung der Strafe verfolgt werden und, voraus gesehen, die Vorbeugung vor erneuertem gesellschaftlich und rechtlich unerwünschtem Verhalten verfolgt werden.
Die Straftheorien
Die „Absolute“ Straftheorie
„punitur quia peccatum est“ -> Gestraft wird, weil etwas verbotenes getan wurde.
In der Absoluten Straftheorie verfolgt die Strafe an sich keinen anderen Zweck und hat keinen anderen Sinn als Vergeltung zu üben. Jedoch nicht im allgemeinen Sinne geprägt von Rachegedanken oder gar Hassgedanken. Die Vergeltung gilt allein dem Unrecht was der Täter begangen hat. Die Strafe ist als staatliche Reaktion zu betrachten, die dem Täter durch Auferlegung eines gleichwertigem „Unrechts“ – eben der Strafe – die Chance gibt, die Tat und die dadurch beschädigten Rechtsgüter zu sühnen.
Historisch betrachtet findet sich hier das „ius talionis“ – das Talionsprinzip – wieder: Gleiches ist mit Gleichem zu vergelten, Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Die Grundgedanken der Absoluten Straftheorie gehen u. a. auf die philosophischen Lehren von Immanuel Kant und Georg Friedrich Wilhelm Hegel zurück.
Kant hat in seinem Werk „Metaphysik der Sitten“ aus dem Jahre 1797 das berühmte „Inselbeispiel“ angeführt um den Sinn der Strafe als reine Vergeltung hervorzuheben.
„Selbst wenn sich die bürgerliche Gesellschaft mit aller Glieder Einstimmung auflösete, müsste der letzte im Gefängnis befindliche Mörder vorher hingerichtet werden, damit jedermann das widerfahre, was seine Taten wert sind, und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte, das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat: weil es als Teilnehmer an dieser öffentlichen Verletzung der Gerechtigkeit betrachtet werden kann.“
Hegel hat diesen Gedanken weitergeführt. In seinem Werk „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ aus dem Jahre 1821 spricht er davon, dass dem Täter im Prinzip ein „Recht auf Strafe“ zusteht. Dafür muss er aber als „Vernünftiges“ geehrt werden und zudem als sittlich- autonome Persönlichkeit gesehen werden. Strafe hat also bei Hegel nicht nur den Zweck der „Wiedergutmachung“ der begangenen Tat, sie dient auch dazu dem Täter eine Strafe aufzuerlegen deren Maßstab aus seiner Tat selbst gezogen wird. Würde man die Strafe noch zu anderen Zwecken als der reinen Vergeltung heranziehen, z.B. zum Zwecke der Abschreckung oder gar Prävention, wäre der Täter nur noch zum Tier degradiert, das man unschädlich machen müsse.
Demnach sagt Kant, die Strafe müsse in Dauer und Art dem begangenen Unrecht gleichwertig sein und Hegel vertritt die Auffassung, dass sie zudem in ihrem Wert dem Unrecht gleichwertig sein müsse. Komplettiert wird diese Auffassung noch durch die „Sühnetheorie“. Hierbei erfasst der Täter sein Unrecht und versöhnt sich auf diese Weise mit der Gesellschaft, indem er die Strafe annimmt und aus Ausgleich für das von ihm angerichtete Unrecht betrachtet.
Die „Relativen“ Straftheorien
In der relativen Straftheorie wird die Strafe als Prävention betrachtet, sie ist relativ da sie zweckgebunden ist. Unter dem Oberbegriff der relativen Straftheorien lassen sich zwei Zweige ableiten. Zum einen die Theorie der Spezialprävention und zum anderen die Theorie der Generelaprävention.
Die Theorie der Spezialprävention
Strafe wird hier als Prävention gesehen, allerdings Täterbezogen. Sie soll verhindern, dass der Täter, bereits straffällig, erneut Straftaten begeht. Zum einen soll dieses erreicht werden durch das Erleben der Strafe durch den Täter selbst, den das Erlebnis des „Bestraftwerdens“ von weiteren Taten abhalten soll. Insbesondere im Bereich der Freiheitsentziehenden Bestrafungsmaßnahmen soll auch eine Form der Resozialisierung des Täters erfolgen. Durch das Entziehen der Freiheit und die Entfernung des Täters aus dem Gesellschaftsgefüge soll zudem die Gesellschaft vor dem Täter bewahrt werden.
Ingesamt hat die Spezialprävention also die Resozialisierung des Täters im Blick, sie wird daher auch Individualprävention genannt.
Die Theorie der Generalprävention
Auch hier wird die Strafe als Prävention gesehen, allerdings auf die Allgemeinheit bezogen. Unterteilt wird hier in die negative und die positive Generalprävention. Beide wirken nicht unabhängig voneinander, sondern gemeinsam.
Unter der negativen Generalprävention wird die Abschreckung verstanden. Sie spricht insbesondere diejenigen an, die Gefahr laufen selbst eine Straftat zu begehen. Durch die Androhung der Sanktion, also der Strafe, soll eine Abschreckung stattfinden eine Straftat zu begehen. Die Basis der Theorie wurde von Paul Johann Anselm von Feuerbach in seiner „Theorie des psychologischen Zwanges“ entwickelt. So geht Feuerbach davon aus, dass von der Strafe ein „geistig-seelischer, psychischer“ Zwang zur Unterlassung einer Straft ausgehe, da die Strafe alle vermeintlichen Vorteile der Straft an sich überwiegen und somit der Anreiz eine Tat zu begehen beseitigt wird.
Demnach soll die negative Generalprävention allein zur Abschreckung dienen eine tat überhaupt zu begehen.
Die positive Generalprävention hingegen spricht zum einen das Rechtsverständnis bzw. das Vertrauen in die Rechtsordnung und ihrer Durchsetzung in der Gesellschaft an und zum anderen das Gerechtigkeitsempfinden der Gesellschaft.
So soll das Verhängen und Durchsetzen der Strafe der Gesellschaft nicht nur das Vertrauen in das Funktionieren der Rechtsordnung geben, sondern es auch stärken. Ihr zeigen dass Verbrechen nicht geduldet wird und die Rechtsordnung auf Straftaten reagiert.
Zum anderen soll der Gesellschaft gezeigt werden: Wer eine Straftat begeht, wird auch bestraft und so das Gerechtigkeitsempfinden gestärkt werden.
Zudem sorgt diese Form der Prävention dafür dass ein in der Gesellschaft vorhandenes Rechts- und Wertebewusstsein gestärkt wird und eine Akzeptanz der allgemeinen Gültigkeit der Normen geschaffen wird.
Kurz gesagt dient die positive Generalprävention dazu, sich normgerecht zu verhalten.
Da die einzelnen Theorien nicht frei von Kritik sind und an ihrer Durchsetzbarkeit gezweifelt werden kann, verfolgt die h.M. die sog. „Vereinigungstheorie“. Hierbei wird sozusagen aus allen Theorien das Beste herausgenommen und zusammen gefügt. Da das BVerfG noch keine eigene Straftheorie entwickelt hat und sich immer wieder auf einzelne Aspekte der verschiedenen Theorien bezieht, ist die genaue Umschreibung der Vereinigungstheorie schwierig.
Ersichtlich wird ihre Anwendung in den Paragraphen §§ 46 I 1, 46 I 2 und 47 StGB.
5 Kommentare
Schreibe einen Kommentar →