Kausalität heisst nichts anderes als:
Der Erfolg muss durch das Verhalten des Täters verursacht werden.
Zu dieser Feststellung gibt es drei Meinungen:
Äquivalenztheorie – conditio-sine-qua-non-Formel (auch Bedingungstheorie genannt) h.M.
Kausal ist jedes Handeln, das nicht hinweggedacht werden kann,ohne dass der Erfolg entfiele.Es kommt auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt an.
Adäquanztheorie m.M.
Die Kausalität entfällt bei atypischen Verläufen. Demnach ist eine Handlung nur dann Ursache des Erfolges, wenn sie allgemein und erfahrungsgemäß dazu geeignet war, den Erfolg herbeizuführen.
Relevanztheorie m.M.
Ist im Prinzip wie die Adäquanztheorie begründet, sie stellt allerdings zusätzlich noch auf normative Gesichtspunkte ab (wie z.B. Sinn und Zweck des Tatbestandes)
Die Äquivalenztheorie ist zwar h.M., jedoch ist sie sehr weitreichend. Wenn z.B. der T den O erschiesst, wären auch die Eltern des T kausal für den Erfolg (den Tod des O). Warum? Naja, sie haben ihn ja schließlich gezeugt und ohne Zeugung wäre der T nicht da. Und so weiter …… Ist natürlich weit hergeholt, aber würde man der Äquivalenztheorie strikt folgen wollen, wäre genau das zutreffend. Zur Einschränkung der Reichweite hat sich die Lehre von der objektiven Zurechnung durchgesetzt. Denn um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden, muss differenziert werden.
Objektive Zurechnung
Objektiv zurechenbar ist dem Täter ein Erfolg nur dann, wenn sich die mit der Handlung des Täters verbundene missbilligte Gefahr in dem tatbestandsmäßigen Erfolg verwirklicht hat.
Es geht darum, ob dem Täter der Erfolg als „sein Werk“ zurechenbar ist. Kernaussage ist demnach: durch menschliches Verhalten verursachte Erfolge sind nur dann objektiv zurechenbar, wenn dieses Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen und diese Gefahr sich auch tatsächlich in dem konkreten erfolgsverursachenden Geschehen realisiert hat.
Bei folgenden Fallkonstellationen sollte auf die Objektive Zurechnung zurückgegriffen werden:
- Atypische Kausalität
Angenommen der T ist mächtig sauer auf den O. Er möchte seiner Wut freien Lauf lassen und schnappt sich die nächstbeste Möglichkeit dem O mal so richtig eins draufzugeben. Eine Eisenstange kommt ihm da wie gelegen, diese saust dann auch mehrmals auf den Kopf des O. Da der T nicht darauf geachtet hat, dem O in einer einsamen Ecke aufzulauern, beobachten Passanten das Treiben und rufen einen Krankenwagen. Der kommt auch prompt und nimmt den O mit. Dummerweise wird der Krankenwagen auf der Fahrt ins Krankenhaus von einem abstürzenden Flugzeug getroffen, der Krankenwagen ist platt und der O auch. Stellt sich die Frage nach der Strafbarkeit des T gem. § 212 StGB.
Nach der Äquivalenztheorie ist die Kausalität hier zu bejahen, auch wenn es um einen Geschehensablauf handelt, der außerhalb jeglicher Lebenserfahrung liegt und daher atypisch ist. Natürlich ist der Taterfolg „einen Menschen tötet“ eingetreten, der O ist ja tot. Aber ist T dafür ursächlich? Nunja, ohne die Schläge des T hätten Passanten für den O keinen Krankenwagen angerufen. Und ohne den gerufenen Krankenwagen wäre der O auch nicht in diesem auf dem Weg ins Krankenhaus gewesen als das Flugzeug abstürzte. Das Verhalten des T kann also nicht hinweggedacht werden, ohne dass der konkrete Erfolg entfällt. Und das der T das Flugzeug nicht hat abstürzen lassen um den O richtig platt zu machen – der atypische Geschehensverlauf also – ist bei der Äquivalenztheorie nicht relevant. Und damit genau soetwas nicht passiert, wird hier die Lehre der objektiven Zurechnung angewendet. Denn die verneint die Strafbarkeit des T gem. § 212 StGB. Schließlich ist ihm das abstürzende Flugzeug nicht zuzurechnen.
- Hypothetische Kausalität
Nach der Äquivalenztheorie sind hypothetische Kausalverläufe unbeachtlich. Der Klassiker ist hier der Neffe der den Erbonkel vergiftet und später die Obduktion ergibt, dass der Erbonkel ohnehin wenige Stunden später an einem Herzinfarkt verstorben wäre. Das ist natürlich Pech für den Neffen – die ganze Arbeit umsonst! Es kommt hier nämlich auf den konkreten Erfolg an, den toten Erbonkel. Es ist nicht relevant ob dieser ohnehin gestorben wäre oder nicht, der Neffe hat den konkreten Erfolg herbeigeführt, durch Gift. Hier ergibt die Anwendung der objektiven Zurechnung dasselbe Ergebnis.
- Überholende Kausalität
Bei mehreren handlungsbedingten Kausalketten ist entscheidend, welche den Erfolg verursacht. Die überholende Kausalität ist dadurch gekennzeichnet, dass die gesetzte Bedingung nicht bis zum Erfolg fortwirkt, sondern von einer anderen überholt wird.
Als Beispiel:
Die T will den O vergiften, der geht nämlich fremd. Damit der O das Gift nicht schmeckt gibt sie eine ordentliche Portion in ein Glas Tee. Der O trinkt den Tee und freut sich seines Daseins als es klingelt und die Z vor der Tür steht. Die hat nämlich erfahren, dass der O eine Freundin hat (die T) und beschlossen ihm eine Lektion zu erteilen. Sie zückt ihre Waffe und erschiesst den O, noch bevor das Gift wirken kann.
Z ist ursächlich für den Erfolg in seiner konkreten Gestalt, den Tod des O. Die T wiederrum hat keine Bedingungen gesetzt, die für den konkreten Erfolg ursächlich war. Während die Z sich des Totschlags strafbar gemacht hat, hat die T „nur“ den Versuch gewagt. Denn die von ihr gesetzte Bedingung ist überholt worden.
- Alternative Kausalität
Bei der alternativen Kausalität wirken zwei handlungsbedingte Kausalketten nebeneinander und führen in derselben logischen Sekunde zur Herbeiführung des Erfolges. Für diese Konstallationen muss die c-s-q-n-Formel angewandt werden. Denn können mehrere Bedingungen zwar nicht kumulativ, jedoch alternativ hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, ist jede Bedingung ursächlich.
- Kumulative Kausalität
Bei der kumulativen Kausalität bewirken zwei Handlungsketten erst zusammen den Erfolg. Als Beispiel zurück zu den Giftmischern:
Der Student X und der Student Z mögen den Professor Y überhaupt nicht leiden. Sie finden seine Punktevergabe bei Klausuren ihnen gegenüber absolut unfair. Nach langem Überlegen beschliessen beide unabhängig voneinander ihm ein wenig Gift in den Tee zu kippen und damit seine Stelle zur Ausschreibung zu bringen. Beide Giftdosen einzeln hätten den O nicht getötet, er hätte lediglich ein paar Stunden über der Toilettenschüssel verbracht. Aber beide zusammen wirken tödlich. Hierbei sind beide Handlungsketten ausschlaggebend für den konkreten Erfolg. Wäre einer der beiden Medizinstudent gewesen, hätte das sicherlich anders ausgesehen.
Die Lehre von der objektiven Zurechnung verneint bei folgenden Fallkonstellationen die Kausalität, wo die Äquivalenztheorie sie bejaht:
- Allgemeine Lebensrisiken
Allgemeine Lebensrisiken sind i.d.R. nicht menschlich beeinflussbar. Siehe auch oben unter Äquivalenztheorie.
- Risikoverringerung
Hinter dieser Kategorie steht der Gedanke, dass es widersinnig wäre Handlungen zu bestrafen, die den Zustand des angegriffenen Rechtsgutes nicht verschlechtern, sondern verbessern.Als Beispiel: Der T will dem O (wiedermal) eins auf die Rübe hauen. Dieses Mal hat der T sich überlegt dem O einfach den Kopf abzuschlagen. Der Y wirft sich dazwischen und rettet zwar so den Kopf des O, aber dessen Arm muss dran glauben. Der Y hat also durch sein Eingreifen die Situation des O eher verbessert,als verschlechtert.
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